Der Evangelist Markus hat uns einen Tag aus dem Leben von Jesus beschrieben: Ein Tag mit vielen Menschen und vielen Emotionen und Ereignissen: Die Heilung eines epileptischen Mannes in der Synagoge von Kafarnaum; dann die Gesundung der Schwiegermutter des Petrus; dann sammeln sich immer mehr Menschen vor dem Haus und Jesus heilt viele Kranke und befreit Menschen von negativen Kräften.
Jesus befreit Menschen aus ihrem Leiden. Warum gibt es das Leid in unserer Welt? Warum kann Gott dies zulassen? Warum muss mir so etwas passieren? Ist es Gottes Wille oder gar seine Prüfung für uns? Müssen wir das Leid annehmen, es vielleicht sogar lieben? Dürfen wir Widerstand leisten oder sogar Gott anklagen?
Warum ist das Leben, so wie es ist – unvollkommen und fehlerhaft? Warum muss alles Leben sich vom Kleinen, Niedlichen zum mehr Vollkommenen entwickeln? Warum hat Gott nicht gleich eine perfekte, vollkommene Welt erschaffen, in der kein Leid und kein Schmerz vorkommt? Wir wissen es nicht! Wir haben als Menschen nicht den Einblick und den Überblick. Wir sehen immer nur Stücke der Wirklichkeit, nie das Ganze und deswegen können wir das Ganze auch nicht durchschauen.
Auch Jesus gibt keine Antwort auf das Warum und Wozu des Leids. Aber er bekämpft es und macht den Leidenden Mut es durchzustehen, wie er selbst es tat, bis zur letzten Konsequenz – obwohl er sich zutiefst verlassen vorkam und trotzdem – nicht-verstehend - das Vertrauen zu Gott nicht verlor. Der wahre Gläubige verliert – obwohl er oft nicht versteht – sein Vertrauen zu Gott nicht und wird deswegen auch nicht am Leid zerbrechen. Gott steht zu uns, auch im Leiden.
Ist Ihnen aufgefallen, dass gesagt wird, dass Jesus „viele“ Kranke heilte? Warum nicht alle? Und als Petrus und die anderen Jesus suchen und ihm sagen: „Alle Leute fragen nach dir!“, antwortet er: „Wir müssen auch noch in die anderen Dörfer gehen, um überall die rettende Botschaft zu verkünden. Das ist meine Aufgabe.“ Jesus betrachtet es als seine Aufgabe an erster Stelle den Menschen von Gott zu erzählen, sie zu dem sie liebenden Gott hinzuführen. Er will nicht alle Krankheiten und Leiden aus dem Leben „wegzaubern“. Er will die liebende Zuwendung von Gott zu den Menschen spürbar machen. Das sieht er als seine Lebensaufgabe. Das will er bekräftigen durch Heilungen, die er hier und dort, beispielhaft, wirkt. Seine Heilungen sind Zeichen dafür, dass Gott wirklich in ihm wirkt. Gottes heilsame Kraft wird in und durch Jesus aktiv und wird heilsam für die Menschen. Und sehr oft sagt er dann auch zu denen, die geheilt wurden: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ Zu einem Glauben an Gott, zu einem tiefen Vertrauen zu Gott finden, ist für Jesus das alles Entscheidende im Leben.
In diesem tiefen Vertrauen zu Gott lebt, denkt und handelt Jesus. Deswegen pflegt er auch so stark seine Beziehung zu Gott, indem er sich immer wieder in die Einsamkeit zurückzieht, die reale Verbindung mit Gott sucht, indem er betet. Früh am Morgen steht er auf, nimmt sich bewusst Zeit für Gott, spricht mit seinem Vater. Er „tankt“ bei Gott auf, um dann wieder geben zu können. Er betet, um dann wieder sinnvoll arbeiten und handeln zu können. Diese tiefe Verbundenheit mit Gott ist die Kraftquelle, aus der Jesus lebt, die ihn in seinem Denken und Handeln prägt und einmalig macht.
Das ist es dann auch, was der Evangelist Markus uns hier sagen will: Nur indem wir immer wieder die Verbindung mit Gott suchen, zu ihm sprechen, ihm das, was uns zutiefst berührt (sowohl unsere positiven als unsere negativen Erfahrungen) anvertrauen, bei Gott verweilen ... nur dann bleibt unsere Beziehung zu Gott lebendig. Sonst verdunstet unser Glaube an ihn. Sonst driften wir, zuerst unmerkbar, aber langsam und sicher, immer weiter von Gott weg und hören auf, wirklich an ihn zu glauben, ihm wirklich zu vertrauen.
Wir brauchen es, immer wieder Abstand zu nehmen, uns zurückzuziehen, bei Gott zu verweilen, uns und unser Leben ihm anzuvertrauen, zu beten, um daraus Lebenskraft zu bekommen. Jesus hat uns das vorgelebt, uns den Weg gezeigt.